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Mit halben Wiederholungen mehr Muskeln aufbauen: Sind Lengthened Partials besser als Full ROM?

Muskulöser Mann beim Ausführen von Bizepscurls als Lengthened Partials

“Lengthened Partials” gehören derzeit zu den heiß diskutierten Themen in der englischsprachigen evidenzbasierten Fitness-Community. 

In Deutschland findet diese Debatte langsam ebenfalls ihren Weg in das Bewusstsein vieler Fitnessbegeisterter. 

Die Frage, ob Lengthened Partials wirklich eine effektive Methode sind, um den Muskelaufbau zu fördern, wird zunehmend diskutiert.

Traditionell wurde eine volle Range of Motion, also die Nutzung der gesamten Bewegungsamplitude bei Krafttrainingsübungen, als besonders erstrebenswert angesehen, um einen optimalen Trainingsreiz zu erzielen. 1

Neuere Untersuchungen stellen diese Annahme jedoch infrage und erörtern, ob Lengthened Partials möglicherweise sogar bessere Ergebnisse für das Muskelwachstum liefern könnten.

Unterstützer wie Jeff Nippard und Dr. Milo Wolf haben diesen Hype maßgeblich geprägt, und immer mehr Athleten fragen sich, ob sie ihre Trainingsmethoden anpassen sollten.

In diesem Artikel werfen wir einen detaillierten Blick auf das Konzept der Lengthened Partials, analysieren die wissenschaftlichen Hintergründe und vergleichen ihre Wirksamkeit mit der einer vollständigen Range of Motion

Darüber hinaus erfährst du, ob diese Art der Übungsausführung tatsächlich eine hypertrophieauslösende Dehnung des Muskels – auch bekannt als "Stretch-mediated Hypertrophy" – bewirkt, oder woher die vermuteten verbesserten Wachstumsreize der Lengthened Partials stammen.

Was sind Lengthened Partials und was hat es mit dem Hype auf sich?

Lengthened Partials sind Teilwiederholungen, die in der maximal gestreckten Position einer Übung ausgeführt werden. 

Im Detail bedeutet dies, dass du das Gewicht während der exzentrischen Phase einer Bewegung vollständig absenkst, bis du die maximale Streckung des Zielmuskels erreichst. 

Von dieser Position aus führst du dann eine verkürzte Wiederholung durch, in der du beispielsweise nur eine halbe konzentrische Bewegung ausführst, bevor du wieder in die maximale Streckung zurückkehrst. 

Ein klassisches Beispiel hierfür wäre der Bizepscurl: Du lässt das Gewicht in der exzentrischen Phase vollständig ab, bis dein Arm maximal gestreckt ist. Anschließend führst du nur eine halbe Aufwärtsbewegung aus, um das Gewicht dann erneut abzusenken. Diese Technik wird dann als Lengthened Partial bezeichnet.

Lengthened Partials Bewegungsmuster am Beispiel eines Bizepscurls

Warum sollte man also Teilwiederholungen anwenden? 

Bis vor kurzem herrschte in der Sportwissenschaft weitgehender Konsens, dass eine volle Range of Motion (ROM) als optimal für den Muskelaufbau gilt. 

In den letzten Jahren hat jedoch eine alternative Trainingstechnik, die sogenannten Lengthened Partials, zunehmend Aufmerksamkeit erlangt. Prominente Vertreter der englischsprachigen evidenzbasierten Fitness-Community, wie Jeff Nippard und Dr. Milo Wolf, haben maßgeblich dazu beigetragen, diese Technik populär zu machen.

Sie vertreten die These, dass Lengthened Partials nicht nur vergleichbare, sondern potenziell sogar bessere Ergebnisse in Sachen Muskelwachstum erzielen könnten als Wiederholungen mit voller Bewegungsamplitude.

Grundlage dieser Behauptungen sind Studien, die darauf hinweisen, dass Wiederholungen in der maximal gedehnten oder gestreckten Position eines Muskels besonders förderlich für den Muskelaufbau sein können. 2345

In anderen Studien wurde gezeigt, dass Teilwiederholungen in der gedehnten Position sogar mehr Muskelwachstum hervorrufen können als Wiederholungen in der vollen ROM. 67

Diese neue Herangehensweise mit einer bewusst eingeschränkten Range of Motion hat in der Fitnesswelt für hitzige Diskussionen gesorgt. Viele hinterfragen, ob die Begeisterung um Lengthened Partials gerechtfertigt ist und ob diese Methode tatsächlich die versprochenen Vorteile bietet. 

Im nächsten Abschnitt werden wir uns diese Kontroverse genauer ansehen und überprüfen, ob Lengthened Partials wirklich eine überlegene Trainingsmethode gegenüber der vollen Range of Motion sind. 

Die Kontroverse: Full Range of Motion vs. Partial Reps

Bevor wir Lengthened Partials mit Wiederholungen in der Full Range of Motion (ROM) vergleichen, ist es wichtig zu verstehen, warum in dieser Debatte häufig Teilwiederholungen in der verlängerten Position im Fokus stehen und nicht in der verkürzten Position, wie bei Shortened Partials.

Daher wollen wir uns genauer anschauen, weshalb die verlängerte Position vorteilhafter für den Muskelaufbau ist als die verkürzte Position.

Unterschied zwischen Shortened Partials & Lengthened Partials

Vergleich verschiedener Teilwiederholungen im Krafttraining - Gegenüberstellung Shortened Partials und Lengthened Partials

Der Unterschied zwischen Shortened Partials und Lengthened Partials ist gut erforscht. Studien zeigen, dass Muskelkontraktionen aus der gedehnten oder gestreckten Position für den Muskelaufbau vorteilhafter sind als aus der verkürzten Position. 23456

Eine Studie von Pedrosa et al. (2023) untersuchte den Einfluss von Lengthened Partials und Shortened Partials auf das Muskelwachstum des Bizeps brachii. 

Dabei führten 19 junge Frauen an einem Arm Lengthened Partials und am anderen Arm Shortened Partials drei Mal pro Woche über acht Wochen aus. 

Das Ergebnis: Der Arm, der in der gestreckten Position trainiert wurde, zeigte ein größeres Muskelwachstum als der Arm, der in der verkürzten Position trainiert wurde. 8

Um die Mechanismen hinter diesen Ergebnissen besser zu verstehen, hilft eine Studie von McMahon et al. (2014). 

Diese untersuchte die Auswirkungen von Übungen in gestreckten und verkürzten Muskelpositionen auf das Muskelwachstum. Die Teilnehmer trainierten ihre Oberschenkel über acht Wochen, wobei eine Gruppe in der verkürzten Position (0–50° Kniebeugung) und die andere in der gestreckten Position (40–90° Kniebeugung) belastet wurde. 

Anschließend folgte eine vierwöchige Trainingspause, um die Effekte des vorherigen Trainings zu beobachten.

Die Ergebnisse zeigten, dass das Training in der verlängerten Position zu deutlich besseren Anpassungen führte. 

Die Gruppe, die in der verlängerten Position trainierte, erzielte signifikant größere Zuwächse in der Länge der Muskelfasern, der Querschnittsfläche des Quadrizeps nahe dem Knie, der Kraft und im IGF-1-Spiegel im Vergleich zur Gruppe, die in der verkürzten Position trainierte. 

Diese Befunde deuten darauf hin, dass das Training in der verlängerten Position den Muskel intensiver stimuliert und so zu einem größeren Wachstum und besseren Anpassungen führt. 9

Es wird also deutlich, dass Übungen in der verlängerten Position, insbesondere bei Teilwiederholungen, für den Muskelaufbau vorteilhafter sind als solche in der verkürzten Position. 

Doch wie verhält sich das Ganze im Vergleich zu Übungen in der vollen Range of Motion?

Full Range of Motion vs. Lengthened Partials

Mittlerweile gibt es auch Studien zur Wirksamkeit der Übungsausführung mit Fokus auf die initiale Bewegungsamplitude aus der gestreckten Position (Lengthened Partials) im Vergleich zur Übungsausführung mit der vollständigen Range of Motion.

Dabei wurden in mehreren Studien gleich alle drei Muskellängen bzw. Bewegungsamplituden von den Lengthened Partials über die Shortened Partials bis hin zur Full Range of Motion untersucht:

Eine Studie von Kassiano et al. (2023) untersuchte die Veränderungen der Muskeldicke des Gastrocnemius (Wadenmuskel) bei unterschiedlich ausgeführten Wadenheben-Übungen über einen Zeitraum von 12 Wochen.

Dazu wurden insgesamt 42 junge Frauen in drei verschiedene Gruppen unterteilt:

Die erste Gruppe trainierte das Wadenheben mit voller ROM. Die zweite Gruppe führte die Übung als Shortened Partials durch und die letzte Gruppe absolvierte das Wadenheben als Lengthened Partials.

Das Ergebnis: Lengthened Partials führten zum größten Muskelwachstum, gefolgt von der vollen ROM und schließlich den Shortened Partials. 

  • Die Autoren schlussfolgerten daher, dass Übungen in der gestreckten Position das Muskelwachstum im Gastrocnemius in diesem Fall am besten fördern. 10

Eine weitere Studie von Pedrosa et al. (2022) verglich sogar vier verschiedene Trainingsformen: Full ROM (100°–30° Kniebeugung), Lengthened Partial (100°–65°), Shortened Partial (65°–30°) und abwechselnd Lengthened- und Shortened-Partial.

Vergleich verschiedener Bewegungsamplituden im Muskeltraining des Beinstreckers

Adaptiert nach Pedrosa et al. (2022) 6

Die Studie wurde mit 45 untrainierten Frauen durchgeführt, die in diese vier Gruppen aufgeteilt wurden. Untersucht wurde der Einfluss der verschiedenen ROM-Varianten auf das Muskelwachstum des Rectus Femoris und Vastus Lateralis.

  • Die Studie zeigte, dass das Training in der Anfangsphase der Knieextension, also in der lengthened Position, in bestimmten Muskelbereichen eine deutlich größere Hypertrophie hervorrief als das Training mit anderen ROM-Konfigurationen. 6

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass diese Studie nur an untrainierten Personen durchgeführt wurde. Daher stellt sich die Frage, wie sich die Bewegungsamplitude auf die Hypertrophie von trainierten Personen auswirkt.

Ein systematisches Studienreview und Metaanalyse von Wolf et al. (2023), veröffentlicht im International Journal of Strength and Conditioning, verglich Teilwiederholungen mit vollständiger ROM in Bezug auf verschiedene Aspekte wie Hypertrophie, Kraft, sportliche Leistung, Power und Körperfett. 

Die Autoren kamen zu dem Ergebnis, dass die vollständige ROM im Allgemeinen vorteilhafter ist und in den meisten Fällen zu besseren Ergebnissen führt. 

Eine Untergruppenanalyse ergab jedoch, dass Teilwiederholungen in einer verlängerten Position, wie bei Lengthened Partials, potenziell vorteilhafter für das Muskelwachstum sein können als die volle ROM. 

  • Dennoch schlussfolgerten sie, dass die Verwendung einer vollständigen oder verlängerten ROM für die meisten Trainingsziele bessere Ergebnisse liefern könnte. 11

Im September 2024 wurde dann eine *Preprint-Studie von Wolf et al. veröffentlicht, die besonders relevant ist, da sie Lengthened Partials direkt mit der vollen ROM bei trainierten Sportlern vergleicht. 

In dieser Untersuchung trainierten 30 kraftsporterfahrene Athleten jeweils eine Seite ihres Körpers mit voller ROM und die andere mit Lengthened Partials, wodurch sie als ihre eigene Kontrollgruppe dienten. Beide Seiten wurden bis zum Muskelversagen trainiert. 

Die Ergebnisse waren dabei besonders aufschlussreich: Sowohl Lengthened Partials als auch die volle ROM führten über einen Zeitraum von acht Wochen zu vergleichbaren Zuwächsen in der Muskelkraft der Ellenbogenbeuger und -strecker.

  • Die Autoren schlussfolgerten, dass Personen, die maximale Muskelmasse aufbauen wollen, die verlängerte Position betonen sollten, entweder durch Full ROM oder durch Lengthened Partials. 12

*Es ist wichtig zu erwähnen, dass diese Studie noch im Preprint-Status ist und daher noch nicht von anderen Experten und Wissenschaftlern auf diesem Gebiet geprüft wurde.

Lösen Lengthened Partials eine Stretch-mediated Hypertrophy / Hyperplasie aus?

Mit dem Aufkommen der Lengthened Partials wurden diese häufig mit dem Konzept der „Stretch-mediated Hypertrophy" in Verbindung gebracht.

Dieser Mechanismus beschreibt ein Muskelwachstum, das durch anhaltende Dehnung eines Muskels ausgelöst wird. Doch die entscheidende Frage lautet: Kann dieser Effekt auch durch die Ausführung von Lengthened Partials erzielt werden?

Um diese Frage zu beantworten, müssen wir zunächst verstehen, was „Stretch-mediated Hypertrophy" ist und wie sie funktioniert. Im Anschluss daran betrachten wir, ob und wie Lengthened Partials diesen Mechanismus tatsächlich aktivieren könnten und welche Unterschiede es in der praktischen Anwendung gibt.

Was versteht man unter „Stretch-mediated Hypertrophy"

„Stretch-mediated Hypertrophy" bedeutet übersetzt so viel wie „durch Dehnung verursachtes Muskelwachstum“. 

Dieser Mechanismus wurde erstmals in den 1970er Jahren in Tierstudien erforscht, in denen gezeigt wurde, dass langandauernde Dehnung zu signifikantem Muskelwachstum führen kann. Häufig ging dieses Muskelwachstum nicht nur mit einer Zellvergrößerung (Hypertrophie), sondern sogar auch mit einer Zellvermehrung (Hyperplasie) einher. 13

Eine Metaanalyse von Warneke et al. (2023) untersuchte 16 dieser Tierstudien und kam zu dem Schluss, dass langfristiges Dehnen in Tierstudien signifikante Hypertrophie und Hyperplasie bewirken kann. 

Die Autoren betonten jedoch, dass unklar bleibt, inwieweit diese Ergebnisse auf Menschen übertragbar sind. Sie hoben hervor, dass weitere Untersuchungen notwendig sind, um zu verstehen, wie sich langfristiges Dehnen auf Muskelmasse und Kraft im menschlichen Training auswirkt. 14

Im Einklang damit untersuchte Nunes et al. (2020) in einem umfassenden Studienreview das dehninduzierte Muskelwachstum bei Menschen und kam zu dem Entschluss, dass passives Dehnen mit geringer Intensität keine signifikanten Veränderungen in der Muskelgröße und -struktur zu bewirken scheint. 15

Interessanterweise veröffentlichte Warneke im Jahr 2023 zusammen mit Kollegen eine Studie, die diese Mechanismen direkt am Menschen erforschte, um weitere Erkenntnisse in diesem Bereich zu gewinnen.

In dieser Studie wurden 69 sportlich aktive Probanden, darunter auch kraftsporterfahrene Athleten, untersucht, um die Auswirkungen von intensivem Stretching im Vergleich zu intensivem Training auf das Muskelwachstum der Wadenmuskulatur zu vergleichen. 

Die Ergebnisse waren überraschend: Das Dehnen erwies sich als ebenso effektiv für den Muskelaufbau und die Kraftentwicklung wie 5 Sätze Wadenheben über die volle Range of Motion, die 3-mal pro Woche durchgeführt wurden.

Das Stretching-Protokoll hatte allerdings einen entscheidenden Unterschied: Die Probanden mussten ihre Wadenmuskulatur jeden einzelnen Tag über 6 Wochen in eine spezielle Apparatur einspannen, um eine starke Dehnung zu erreichen. Auf einer Schmerzskala von 1 bis 10 mussten die Probanden dabei einen Schmerz von 7 bis 8 aushalten. 16

Plantarflexion mit Dehnvorrichtung zur Erreichung von Stretch-Mediated Hypertrophy

Bild aus Studie von Warneke et al. (2023) 16

Diese Methode ist nicht nur schmerzhaft, sondern auch zeitaufwendig – etwas, das kaum jemand umsetzen möchte oder kann.

Dennoch hast du nun verstanden, dass intensive Dehnung hypertrophe Muskelveränderungen hervorrufen kann, aber es stellt sich die Frage, ob Lengthened Partials diesen Effekt ebenfalls auslösen. 

Im nächsten Abschnitt werden wir genau diese Frage untersuchen und herausfinden, ob Lengthened Partials denselben stimulierenden Effekt auf das Muskelwachstum haben.

Wie genau agieren Lengthened Partials auf diesen Wirkmechanismus

Obwohl es bei Lengthened Partials den Anschein erweckt, als würde der Muskel maximal gedehnt und damit eine Voraussetzung für die „Stretch-mediated Hypertrophy" erfüllt, ist dies nicht ganz der Fall.

Bei Lengthened Partials handelt es sich um eine Streckung des Muskels im Rahmen des Bewegungsradius der Übung. Das bedeutet, dass der Muskel zwar in seine maximale exzentrische Endposition gebracht wird, diese aber nicht unbedingt mit der maximal gedehnten Position des Muskels übereinstimmt. 

Um den Bizeps beispielsweise vollständig zu dehnen, müsste der Oberarm hinter den Körper gebracht und der Ellenbogen durchgestreckt werden. 

In einem Preacher Curl erreicht man diese maximal gedehnte Position jedoch nicht. Stattdessen wird der Arm im Rahmen der Übung lediglich bis zur vollen Streckung geführt, wodurch der Bizeps in die längste Position innerhalb der gegebenen ROM gebracht wird:

Teilwiederholung für den Bizeps beim Preacher Curl

Um den Bizeps jedoch maximal zu dehnen, müsste eine Übung, wie Incline Curls gewählt werden, bei der der Oberarm zusätzlich hinter dem Körper bleibt:

Übungsausführung von Incline Curls für den Bizeps als Lengthened Partials

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Zeit, die der Muskel in dieser gedehnten Position verbringt. 

Für hypertrophe Effekte durch Dehnung, wie sie in der bereits zitierten Studie von Warneke et al. (2023) gezeigt wurden, muss der Muskel über längere Zeiträume gedehnt werden. In dieser Studie wurde die Wadenmuskulatur täglich für eine Stunde gedehnt, um signifikantes Muskelwachstum zu erzielen. 16

Bei Lengthened Partials wird die gestreckte Position hingegen nur für eine sehr kurze Dauer gehalten, in der Regel summiert sich die Zeit auf weniger als 1–2 Minuten pro Satz. Dies liegt deutlich unter den Anforderungen, die für „Stretch-mediated Hypertrophy” notwendig zu sein scheinen.

Daher ist es unwahrscheinlich, dass Lengthened Partials den gleichen Mechanismus der Stretch-mediated Hypertrophy” auslösen. 

Dennoch ist die Forschung in diesem Bereich noch begrenzt, insbesondere bei Menschen. Es bleiben noch viele Fragen offen, die geklärt werden müssen, bevor man mit Sicherheit sagen kann, ob „Stretch-mediated Hypertrophy” bei Lengthened Partials tatsächlich eine Rolle spielt.

Die perfekte Wiederholung

Muskulöser Mann führt Bizepscurls an der Langhantel in der gestreckten Position aus

Nach all diesen Informationen fragst du dich jetzt sicherlich, welche Art von Wiederholungen du nun ausführen solltest. Nur noch Lengthened Partials oder doch weiterhin Full Range of Motion?

Wie sieht nun die optimale Wiederholung im muskelaufbauorientierten Krafttraining aus?

Diese Frage stellten sich auch Korakakis et al. (2024) und durchforsteten in ihrem narrativen Studienreview die aktuelle Forschungslage. Sie kamen zu dem Entschluss, dass der wichtigste Parameter für den Muskelaufbau ein vollständiger Bewegungsradius ist, mit besonderem Fokus auf die gedehnte Position des Muskels. 17

Typische Beispiele für die gedehnte Position eines Muskels sind die tiefste Position bei einer Kniebeuge, das untere Ende beim Bankdrücken oder in der Beinpresse sowie die volle Streckung der Arme bei Klimmzügen, Latziehen und Bizepscurls. 

Zusätzlich ist eine saubere Technik und kontrollierte Ausführung entscheidend, um den Zielmuskel effektiv zu treffen und Verletzungen zu vermeiden.

Doch bei der Wahl der optimalen Wiederholung für Hypertrophie geht es nicht nur um den Bewegungsradius, sondern auch um die sogenannte Stimulus-to-Fatigue-Ratio (SFR).

Das Stimulus-to-Fatigue-Ratio beschreibt das Verhältnis zwischen dem Wachstumsreiz, den eine Übung auslöst, und der Ermüdung, die sie verursacht. 

Während Lengthened Partials eine starke Streckung des Muskels bieten, was potenziell zu mehr Hypertrophie führen kann, verursachen sie auch eine erhöhte Ermüdung, insbesondere durch die Ansammlung von Calcium-Ionen in der Muskelzelle. 18

Diese Art von Ermüdung, die durch das Dehnen der Muskelfasern entsteht, ist ähnlich der Ermüdung, die durch exzentrisches Training verursacht wird, und kann die Regenerationszeit verlängern. 19

Daher sollten Lengthened Partials mit Vorsicht verwendet werden, um nicht unnötig viel Ermüdung zu erzeugen, die das Gesamtvolumen des Trainings beeinträchtigen könnte.

Dennoch können Lengthened Partials durchaus eine wertvolle Ergänzung im Training sein. Ein Tipp ist es, diese gezielt am Ende eines Satzes einzubauen, wenn das Gewicht nicht mehr über die volle ROM bewegt werden kann. 

Dadurch können weiterhin stimulierende Wiederholungen durchgeführt werden, ohne den Satz vorzeitig beenden zu müssen. So lässt sich die Intensität gezielt steigern und der Muskel wird weiterhin effektiv belastet.

Insgesamt sollten Athleten, die maximale Hypertrophie anstreben, sowohl die Vorteile der Full Range of Motion als auch der Lengthened Partials berücksichtigen, dabei jedoch stets die Stimulus-to-Fatigue-Ratio im Auge behalten, um ein effektives und nachhaltiges Training zu gewährleisten.

Fazit: Sind Lengthened Partials eine Hypertrophie-Wunderwaffe?

Lengthened Partials bieten eine interessante Ergänzung zu traditionellen Trainingstechniken, insbesondere wenn es darum geht, den Muskel in seiner verlängerten Position zu belasten. 

Die Forschung zeigt, dass Teilwiederholungen in dieser Phase des Bewegungsablaufs potenziell vorteilhaft für den Muskelaufbau sein können, vor allem in bestimmten Muskelregionen. 

Allerdings bleibt die volle Range of Motion (ROM) nach wie vor das Optimum, da sie den gesamten Bewegungsumfang und die volle Muskelauslastung gewährleistet.

Während Lengthened Partials nützlich sein können, um Sätze bis zum Muskelversagen zu verlängern oder gezielt in der gestreckten Position zu trainieren, sollten sie als Ergänzung und nicht als Ersatz für die volle ROM betrachtet werden. 

Studien deuten darauf hin, dass beide Ansätze – Lengthened Partials und Full ROM – in Kombination am effektivsten sein könnten, um die Vorteile der Dehnung und des vollständigen Bewegungsumfangs zu nutzen. 1112

Am Ende sind eine saubere Technik und intensives Training der Schlüssel, um das Beste aus beiden Ansätzen zu kombinieren und einen langfristigen, effektiven Muskelaufbau zu gewährleisten.

Wissenschaftliche Nachweise

  1. Schoenfeld, Brad J, and Jozo Grgic. “Effects of range of motion on muscle development during resistance training interventions: A systematic review.” SAGE open medicine vol. 8 2050312120901559. 21 Jan. 2020, doi:10.1177/2050312120901559
  2. Maeo, Sumiaki et al. “Greater Hamstrings Muscle Hypertrophy but Similar Damage Protection after Training at Long versus Short Muscle Lengths.” Medicine and science in sports and exercise vol. 53,4 (2021): 825-837. doi:10.1249/MSS.0000000000002523
  3. Sato, Shigeru et al. “Elbow Joint Angles in Elbow Flexor Unilateral Resistance Exercise Training Determine Its Effects on Muscle Strength and Thickness of Trained and Non-trained Arms.” Frontiers in physiology vol. 12 734509. 16 Sep. 2021, doi:10.3389/fphys.2021.734509
  4. Maeo, Sumiaki et al. “Triceps brachii hypertrophy is substantially greater after elbow extension training performed in the overhead versus neutral arm position.” European journal of sport science vol. 23,7 (2023): 1240-1250. doi:10.1080/17461391.2022.2100279
  5. Stasinaki, Angeliki-Nikoletta, et al. "Triceps brachii muscle strength and architectural adaptations with resistance training exercises at short or long fascicle length." Journal of functional morphology and kinesiology 3.2 (2018): 28.
  6. Pedrosa, Gustavo F et al. “Partial range of motion training elicits favorable improvements in muscular adaptations when carried out at long muscle lengths.” European journal of sport science vol. 22,8 (2022): 1250-1260. doi:10.1080/17461391.2021.1927199
  7. Goto, Masahiro et al. “Partial Range of Motion Exercise Is Effective for Facilitating Muscle Hypertrophy and Function Through Sustained Intramuscular Hypoxia in Young Trained Men.” Journal of strength and conditioning research vol. 33,5 (2019): 1286-1294. doi:10.1519/JSC.0000000000002051
  8. Pedrosa, Gustavo F et al. “Training in the Initial Range of Motion Promotes Greater Muscle Adaptations Than at Final in the Arm Curl.” Sports (Basel, Switzerland) vol. 11,2 39. 6 Feb. 2023, doi:10.3390/sports11020039
  9. McMahon, Gerard et al. “Muscular adaptations and insulin-like growth factor-1 responses to resistance training are stretch-mediated.” Muscle & nerve vol. 49,1 (2014): 108-19. doi:10.1002/mus.23884
  10. Kassiano, Witalo et al. “Greater Gastrocnemius Muscle Hypertrophy After Partial Range of Motion Training Performed at Long Muscle Lengths.” Journal of strength and conditioning research vol. 37,9 (2023): 1746-1753. doi:10.1519/JSC.0000000000004460
  11. Wolf, Milo, et al. "Partial vs full range of motion resistance training: A systematic review and meta-analysis." International Journal of Strength and Conditioning 3.1 (2023).
  12. Wolf, Milo, et al. "Lengthened Partial Repetitions Elicit Similar Muscular Adaptations as a Full Range of Motion During Resistance Training in Trained Individuals."
  13. Sola, O M et al. “Hypertrophy and hyperplasia of adult chicken anterior latissimus dorsi muscles following stretch with and without denervation.” Experimental neurology vol. 41,1 (1973): 76-100. doi:10.1016/0014-4886(73)90182-9
  14. Warneke, Konstantin, Philipp Alexander Freund, and Stephan Schiemann. "Long-lasting stretching induces muscle hypertrophy: a meta-analysis of animal studies." Journal of Science in Sport and Exercise 5.4 (2023): 289-301.
  15. Nunes JP, Schoenfeld BJ, Nakamura M, Ribeiro AS, Cunha PM, Cyrino ES. Does stretch training induce muscle hypertrophy in humans? A review of the literature. Clin Physiol Funct Imaging. 2020 May;40(3):148-156. doi: 10.1111/cpf.12622. Epub 2020 Feb 5. PMID: 31984621.
  16. Warneke, Konstantin et al. “Comparison of the effects of long-lasting static stretching and hypertrophy training on maximal strength, muscle thickness and flexibility in the plantar flexors.” European journal of applied physiology vol. 123,8 (2023): 1773-1787. doi:10.1007/s00421-023-05184-6
  17. Androulakis Korakakis, Patroklos, et al. "Optimizing resistance training technique to maximize muscle hypertrophy: A narrative review." Journal of Functional Morphology and Kinesiology 9.1 (2024): 9.
  18. Newham, D J et al. “Muscle fatigue and pain after eccentric contractions at long and short length.” Clinical science (London, England : 1979) vol. 74,5 (1988): 553-7. doi:10.1042/cs0740553
  19. Newham, D J et al. “Pain and fatigue after concentric and eccentric muscle contractions.” Clinical science (London, England : 1979) vol. 64,1 (1983): 55-62. doi:10.1042/cs0640055

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Lengthened Partials - Sind gestreckte Teilwiederholungen eine Hypertrophie-Wunderwaffe?
Kommentar zum Artikel Lengthened Partials - Sind gestreckte Teilwiederholungen eine Hypertrophie-Wunderwaffe?:
  • Nicole

    Lieber Hamzah, ich werd noch ein Fan deiner Artikel, wieder wirklich gut und aufschlussreich – oder schreibst du hier als einziger? xD Ich muss gestehen, ich komm mit den Lengthened Partials nicht so gut klar. Wenn ich keine Full ROM mehr schaffe und dann denk “ach, vielleicht noch paar Teilwiederholungen”, schaff ich maximal noch 1-2, aber das wars! Einfach kein Saft mehr in den Muskeln xD Nö, ich denke, ich versuch echt mal mit den Myo-Reps ;)

    28. November 2024
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