Evidenzbasiert verfasst von Experten ohne AI
Was ist Muskelkater und wie entsteht er?

Fast jeder kennt es: Du warst motiviert beim Krafttraining, hast dich beim Sport verausgabt oder ungewohnte Bewegungen ausprobiert und am nächsten Tag meldet sich der Körper mit Schmerzen.
Typisch ist, dass die betroffenen Muskeln erst am nächsten Tag schmerzen – nicht sofort nach dem Sport.
Doch was passiert dabei im Körper genau? Wie entsteht Muskelkater, warum kommt er verzögert und wie lange dauert der Muskelkater in der Regel an?
Dieser Artikel erklärt dir, wie Muskelkater entsteht, welche Symptome typisch sind und was die Wissenschaft über mögliche Ursachen von Muskelkater sagt.
Wie entsteht Muskelkater und was ist damit gemeint?

Muskelkater, im englischen Fachjargon auch bekannt als Delayed Onset Muscle Soreness (DOMS), tritt typischerweise nach ungewohnten Bewegungen oder intensiver körperlicher Belastung auf und beschreibt eine verzögerte Schmerzreaktion der Muskulatur.
Die Symptome beginnen etwa einen Tag nach der Belastung und erreichen ihren Höhepunkt zwischen dem 1. und dem 3. Tag. Die Symptome können bis zu einer Woche anhalten, bevor sie allmählich abklingen. 1
Typische Symptome bei DOMS sind Muskelschmerzen, eine eingeschränkte Beweglichkeit sowie das Gefühl, dass die betroffenen Muskeln steif oder kraftlos sind. Auch kann die betroffene Muskulatur häufig druckempfindlich sein und sensibel auf Berührungen reagieren. 1
Muskelkater entsteht vor allem nach exzentrischen Bewegungen – also Bewegungen, bei denen sich der Muskel unter Spannung verlängert, wie etwa beim Bergabgehen oder langsamen Absenken eines Gewichts. 2
Dabei kommt es zu mechanischen Belastungen, die insbesondere im Bereich der Z-Scheiben – den für die Kontraktion zuständigen Strukturelementen der Muskelfaser – mikroskopisch kleine Schäden verursachen können. 3
Infolge dieser Mikroverletzungen gelangen vermehrt Calcium-Ionen in das Zellinnere, wodurch Enzyme wie Calpain aktiviert werden. Diese Enzyme greifen Zellstrukturen an und fördern entzündliche Prozesse, die das Schmerzempfinden beim Muskelkater verstärken. 4
Bei wiederholter Belastung passt sich die Muskulatur dabei jedoch an. Dieser Anpassungsprozess nennt sich Repeated Bout Effect und sorgt dafür, dass Muskelkater bei zukünftigen Trainingseinheiten meist weniger stark ausfällt oder ganz ausbleibt. 5
Muskelkater hinterlässt keine bleibenden Schäden und ist ein normaler Anpassungsprozess – solange die Beschwerden nicht mit einem Muskelfaserriss verwechselt werden.
Timeline der Muskelkater Entstehung

Die Entwicklung von Muskelkater bzw. DOMS verläuft schrittweise über mehrere Tage hinweg. Schon während der Trainingseinheit kann die mechanische Belastung winzige Mikrotraumen verursachen, vor allem im Bereich der Z-Scheiben innerhalb der Muskelfasern.
In der frühen Erholungsphase – also innerhalb der ersten Stunden nach der Belastung – beginnt der Körper, auf diese Mikroverletzungen zu reagieren. Immunzellen wandern in das betroffene Muskelgewebe ein, es werden entzündungsfördernde Botenstoffe wie Zytokine freigesetzt, und die Durchblutung steigt, um die Regeneration einzuleiten.
Gleichzeitig werden Stoffwechselprodukte wie Milchsäure (Laktat) abgebaut. Milchsäure selbst ist jedoch nicht die Ursache für Muskelkater, auch wenn das lange angenommen wurde.
Die tatsächlichen Schmerzen beginnen dann erst, wenn Entzündungsprozesse und Flüssigkeitseinlagerungen im Muskelgewebe zunehmen und die Sensibilität der Nervenenden steigt.
Nach etwa 24 bis 48 Stunden erreicht der Muskelkater typischerweise seinen Höhepunkt. In dieser Phase fühlt sich die betroffene Muskulatur oft steif, geschwollen und kraftlos an. Alltägliche Bewegungen wie Treppensteigen oder gezielte Dehnübungen der betroffenen Muskulatur können in dieser Phase unangenehm oder schmerzhaft sein.
Zwischen dem zweiten und vierten Tag setzen dann gezielte Reparaturprozesse ein. Makrophagen bauen geschädigte Zellbestandteile ab, während sogenannte Satellitenzellen – also muskuläre Stammzellen – die Regeneration unterstützen und zur Wiederherstellung des Gewebes beitragen.
In der Regel klingen die Symptome innerhalb von vier bis sieben Tagen vollständig ab. Muskelkater hinterlässt keine bleibenden Schäden, sofern keine ernsthaften strukturellen Verletzungen wie ein Muskelfaserriss vorliegen.
Gründe für die Entstehung von Muskelkater: Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse
Die Entstehung von Muskelkater ist seit über 100 Jahren Gegenstand intensiver Forschung. Dabei wurden verschiedene Hypothesen aufgestellt, von denen einige inzwischen als überholt gelten.
-
Früher vermutete man, dass Muskelkater durch die Ansammlung von Milchsäure (Laktat) im Muskel verursacht werde. Diese Theorie konnte jedoch widerlegt werden, da Milchsäure bereits kurz nach dem Training wieder abgebaut wird und nicht im zeitlichen Zusammenhang mit dem verzögerten Auftreten der Beschwerden steht. 6
-
Die heute weit verbreitete Annahme ist, dass Muskelkater durch mikroskopisch kleine Risse in den Muskelfasern verursacht wird, insbesondere in den Z-Scheiben der Myofibrillen. 7 Diese Mikroschäden aktivieren Immunzellen und rufen Entzündungen hervor, die zu Schwellungen und Schmerzen führen. 89
-
Eine neuere Hypothese von Sonkodi et al. (2020) stellt diese Sichtweise in Frage. Die Autoren vermuten, dass Muskelkater nicht nur durch Muskelschäden, sondern durch neuronale Mikroschäden an sensorischen Nervenendigungen entsteht. 10
Diese feinen Nervenstrukturen befinden sich in den Muskelspindeln und reagieren empfindlich auf übermäßige Dehnung – insbesondere bei exzentrischer Belastung. Wenn diese Spindeln stark beansprucht werden, könnten sie zusammengedrückt und damit geschädigt werden.
Das erklärt auch, warum Muskelkater oft erst verzögert einsetzt. Während des Trainings ist das sympathische Nervensystem aktiv, was das Schmerzempfinden dämpft. Erst nach dem Training – mit nachlassender sympathischer Aktivität – werden die Schäden wahrgenommen und die Schmerzen setzen ein. 10

Adaptiert nach Sokondi et al. (2020): Die Grafik veranschaulicht die von Sokondi vermuteten Mikroverletzungen der Nervenenden durch übermäßige Dehnung bei wiederholten exzentrischen Übungen, die auf ungewohnte oder besonders ermüdende Weise ausgeführt werden. 10
Obwohl die genaue Ursache für Muskelkater noch nicht abschließend geklärt ist, sind sich Forscher weitgehend einig, dass intensive oder ungewohnte Belastungen – insbesondere mit exzentrischer Komponente – ein entscheidender Faktor sind.
Der richtige Umgang mit dem Muskelkater im Sport: Aufwärmen, dehnen oder doch Ruhe?

Um die Symptome des Muskelkaters zu lindern, stehen dir unterschiedliche Maßnahmen zur Verfügung. Kurzfristig können beispielsweise moderate Bewegung, Wärmeanwendungen wie ein warmes Bad oder sanfte Massagetechniken helfen, die Durchblutung im Muskelgewebe zu fördern und so das Schmerzempfinden zu reduzieren. 11121314
Auch aktive Regeneration wie Spaziergänge, leichtes Radfahren oder lockere Trainingseinheiten wird in der wissenschaftlichen Literatur als hilfreich beschrieben, da sie die Durchblutung fördert und die Erholung unterstützen kann. 1112
Langfristig lässt sich Muskelkater nicht vollständig vermeiden, aber deutlich abschwächen. Eine strukturierte Trainingsplanung, bei der du Belastung und Umfang schrittweise steigerst, schützt deine Muskulatur vor unnötiger Überforderung. Auch ein gut geplantes Aufwärmprogramm kann vorbeugend wirken. 1516
Einen ausführlichen Leitfaden mit weiteren Strategien, wie du mit Muskelkater umgehst und ihn bestmöglich vorbeugst, findest du im verlinkten Artikel.
Ob du trotz Muskelkater weitertrainieren solltest, hängt stark von der Ausprägung deiner Beschwerden ab. Bei leichtem Muskelkater ist ein angepasstes Training in der Regel unproblematisch – zum Beispiel mit reduzierter Intensität oder Fokus auf andere Muskelgruppen.
Bei stärkeren Schmerzen ist es jedoch sinnvoll, deinem Körper mehr Zeit zur Erholung zu geben, um die Regeneration nicht zu behindern und Verletzungen zu vermeiden.
Ob du mit Muskelkater trainieren solltest oder besser pausierst, erfährst du hier: Training mit Muskelkater?
Fazit: So entsteht und so lange dauert der Muskelkater im Körper

Muskelkater ist ein natürliches Phänomen, das vor allem nach ungewohnten oder sehr intensiven Belastungen auftritt. Ausgelöst wird er durch eine Kombination aus mechanischen Reizen, Entzündungsprozessen und möglicherweise auch durch mikroskopische Schädigungen an sensorischen Nervenenden.
Typische Beschwerden wie Schmerzen, Steifheit und eingeschränkte Beweglichkeit machen sich meist erst nach 12 bis 24 Stunden bemerkbar und verschwinden in der Regel nach einigen Tagen wieder.
Die genaue Ursache von Muskelkater ist noch nicht abschließend geklärt. Während die Milchsäure-Theorie als überholt gilt, deuten aktuelle Erkenntnisse auf mikroskopisch kleine Muskelschäden und entzündliche Prozesse hin. Eine neuere Hypothese vermutet zudem neuronale Mikroschäden als Auslöser.
Klar ist: Muskelkater tritt besonders nach ungewohnten oder exzentrischen Belastungen auf.
Wichtig ist: Muskelkater ist kein Beweis für ein effektives Training. Vielmehr zeigt er, dass dein Körper einem ungewohnten Reiz ausgesetzt war. Mit wiederholter Belastung nimmt die Empfindlichkeit gegenüber dem Reiz ab, wodurch er für dich als Sportler weniger belastend wirkt.
Wissenschaftliche Nachweise
- Lewis, Paul B., et al. “Muscle Soreness and Delayed-Onset Muscle Soreness.” Clinics in Sports Medicine, vol. 31, no. 2, 2012, pp. 255-62. doi:10.1016/j.csm.2011.09.009.
- Nosaka, Kazunori, and Priscilla M. Clarkson. "Changes in Indicators of Inflammation After Eccentric Exercise of the Elbow Flexors." Med Sci Sports Exerc, vol. 28, no. 8, 1996, pp. 953-961.
- Newham, D. J., et al. "Pain and fatigue after concentric and eccentric muscle contractions." Clinical science 64.1 (1983): 55-62.
- Gissel, H, and T Clausen. “Excitation-induced Ca2+ influx and skeletal muscle cell damage.” Acta physiologica Scandinavica vol. 171,3 (2001): 327-34. doi:10.1046/j.1365-201x.2001.00835.x
- Chen, Tzu-Chieh. "Effects of a Second Bout of Maximal Eccentric Exercise on Muscle Damage and Electromyographic Activity." Eur J Appl Physiol, vol. 89, no. 2, 2003, pp. 115-121.
- Schwane, J. A., et al. "Is Lactic Acid Related to Delayed-Onset Muscle Soreness?" Phys Sportsmed, vol. 11, no. 3, 1983, pp. 124-137.
- Hotfiel, Thilo, et al. "Advances in Delayed-Onset Muscle Soreness (DOMS): Part I: Pathogenesis and Diagnostics." Sportverletz Sportschaden, vol. 32, no. 4, 2018, pp. 231-237.
- Tiidus, P. Skeletal Muscle Damage and Repair. Champaign, IL: Human Kinetics, 2008.
- Paulsen, G., et al. "Leucocytes, Cytokines and Satellite Cells: What Role Do They Play in Muscle Damage and Regeneration Following Eccentric Exercise?" Exerc. Immunol. Rev., vol. 18, 2012, pp. 42-97.
- Sonkodi, Balazs, Istvan Berkes, and Erika Koltai. "Have we looked in the wrong direction for more than 100 years? Delayed onset muscle soreness is, in fact, neural microdamage rather than muscle damage." Antioxidants 9.3 (2020): 212.
- Heiss, R., et al. "Advances in Delayed-Onset Muscle Soreness (DOMS) - Part II: Treatment and Prevention." Sportverletz Sportschaden, vol. 33, 2019, pp. 153-160.
- Cheung, Karoline, et al. “Delayed Onset Muscle Soreness: Treatment Strategies and Performance Factors.” Sports Medicine, vol. 33, no. 2, 2003, pp. 145-64. doi:10.2165/00007256-200333020-00005.
- Dupuy, Olivier, et al. “An Evidence-Based Approach for Choosing Post-Exercise Recovery Techniques to Reduce Markers of Muscle Damage, Soreness, Fatigue, and Inflammation: A Systematic Review with Meta-Analysis.” Frontiers in Physiology, vol. 9, 2018, doi:10.3389/fphys.2018.00403.
- Wang, Yutan, et al. “Heat and Cold Therapy Reduce Pain in Patients with Delayed Onset Muscle Soreness: A Systematic Review and Meta-Analysis of 32 Randomized Controlled Trials.” Physical Therapy in Sport, vol. 48, 2021, pp. 177-187. doi:10.1016/j.ptsp.2021.01.004.
- Hoffmann, James, Mike Israetel, and Melissa Davis. Recovering from Training: How to Manage Fatigue to Maximize Performance. Renaissance Periodization, 2018.
- Law, Roberta Y. W., and Robert D. Herbert. “Warm-Up Reduces Delayed Onset Muscle Soreness but Cool-Down Does Not: A Randomised Controlled Trial.” The Australian Journal of Physiotherapy, vol. 53, no. 2, 2007, pp. 91-5. doi:10.1016/s0004-9514(07)70041-7.